Pressemitteilung: Zum anhaltenden Krieg und Leid in Gaza - Deutschland trägt Verantwortung
Aktuelle Luftaufnahmen zeigen Gaza weitgehend in Schutt und Asche. Ein Land so groß wie Bremen und zudem einer der dichtest besiedelten Orte auf der Welt. In Gaza sind nahezu alle Wohnhäuser und Felder zerstört oder beschädigt. Die Trinkwasserversorgung ist zusammengebrochen. Die systematische und völlige Zerstörung der nach internationalem Recht geschützten zivilen Infrastruktur (Krankenhäuser, Schulen,…), verstößt gegen grundlegende Prinzipien des humanitären Völkerrechts. Durch die Bombardierungen der israelischen Armee wurden zehntausende schutzlose Babys, Kinder, Frauen und Alte getötet oder schwer verletzt. Ärztinnen und Ärzte arbeiten oft unter Einsatz ihres Lebens und extremen Bedingungen. Um der Weltöffentlichkeit diese Bilder vorzuenthalten, werden Journalistinnen und Journalisten gezielt durch die israelische Armee liquidiert. Aufgrund der Folge der anhaltenden israelischen Blockade des Gaza Streifens hat die UN die höchste Stufe der Hungersnot für weite Teile des Landes ausgerufen. Mehrere hundert Menschen sind bereits an Hunger gestorben! Mehrere hunderttausend sind davon bedroht!
Vor dem Hintergrund dieser schrecklichen Lage der Menschen in Gaza, haben wir es begrüßt, dass vor kurzem die bremische Bürgerschaft eine aktuelle Stunde zu dem Gaza-Krieg angesetzt hat. Mit mehreren Schura Vorstandsmitgliedern und Vertretern palästinensischer Institutionen haben wir die Sitzung verfolgt.
Nach unerträglichen Monaten des Wegschauens, Schweigens und Beschönigens am Vorgehen der israelischen Armee in Gaza, hatten wir die leise Hoffnung, dass das spürbare gesellschaftliche und politische Umdenken bei der Bewertung des Krieges auch alle Fraktionen in der Bürgerschaft erreicht hat. Neben der unterstützenswerten Initiative palästinensische Kinder zur medizinischen Behandlung nach Bremen zu holen, wurden auch starke Worte der Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung geäußert. Zu hören war auch der Aufruf, die Familienschicksale der hunderten Palästinenserinnen und Palästinenser in Bremen und Bremerhaven wahrzunehmen und Anteilnahme zu zeigen.
Leider mussten wir uns mit großem Entsetzen und teilweise völliger Fassungslosigkeit auch Redebeiträge anhören, die eine totale Verdrehung und Verfälschung der Tatsachen und Verantwortlichkeiten sowie die Verbreitung von Unwahrheiten und Propaganda beinhaltet haben. Mitunter wurde herzlos, kaltblütig und ohne jegliches Mitgefühl über die hilfsbedürftigen Menschen in Gaza gesprochen. Dass auch noch rassistische Ressentiments bedient wurden, war fast nicht mehr auszuhalten, und nicht der bremischen Bürgerschaft würdig. Mit Bedauern mussten wir erkennen, dass es keine parteiübergreifende gemeinsame klare und starke Haltung und Meinung zum Gaza-Krieg in der Bürgerschaft besteht.
Der deutschen Politik muss bewusst sein, dass aufgrund der Doppelmoral im Umgang mit dem Gaza-Krieg, weite Teile nicht nur der palästinensischen und muslimischen Bevölkerung, das Vertrauen in die deutschen Institutionen nachhaltig verloren haben. Generationen übergreifend hat eine noch nie dagewesene Entfremdung von der deutschen Politik und Medienlandschaft stattgefunden. Für die gesellschaftliche Teilhabe und den Zusammenhalt birgt das enorme Risiken.
Mit Spannung haben wir von der Bremer Politik und anderer Institutionen Reaktionen auf die schlimme Aussage eines Religionsvertreters in einem Fernsehbeitrag gewartet. Den wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit internationalem Haftbefehl gesuchten Ministerpräsident Israels Netanyahu, der Hauptverantwortliche für mehrere zehntausend toter Schutzloser und unschuldiger Babys, Kinder und Frauen ist, als Problemlöser zu bezeichnen, ist eine für uns unfassbare und untragbare Aussage, die nicht so stehen gelassen und nicht folgenlos bleiben darf! Die deutsche Justiz wäre verpflichtet, Netanyahu verhaften zu lassen, wenn er die Bundesrepublik Deutschland besuchen sollte. Es wäre ein Gradmesser für die nationale und internationale Glaubwürdigkeit Deutschlands. Leider haben wir bisher keine einzige kritische Stimme hierzu vernommen.
Die unglaubliche Tragödie und das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung vor den Augen der Menschheit schreit nach Konsequenzen und Aktionen! Unser Appell an alle friedliebenden Menschen in Bremen und Bremerhaven, schweigt nicht und setzt euch für ein Ende des Genozids in Gaza und einen gerechten Frieden in Nahost ein!
Die Schura Bremen stellt folgende Forderungen auf:
- Der sofortige und dauerhafte Stopp des Genozids an den Palästinenserinnen und Palästinensern in Gaza durch die israelische Kriegsmaschinerie und der Beginn echter Friedensverhandlungen
- Die Öffnung aller Landesgrenzen nach Gaza und damit einhergehend, der freie Einlass und die Verteilung von Hilfsgütern an die Zivilbevölkerung durch unabhängige internationale Hilfsorganisationen
- Den sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen an Israel. Deutschland trägt die historische Verantwortung, keinen Genozid an den Palästinensern zu unterstützen
- Der sofortige Stopp des völkerrechtswidrigen und seit Jahrzehnten betriebenen expansiven israelischen Siedlungspolitik in den Palästinensergebieten
- Eine konsequente politische Distanzierung von völkerrechtswidrigen Handlungen. Staatsräson darf nicht über Menschenrechte stehen
- Sofortiger Stopp der Relativierung der planmäßigen Vertreibung, des Aushungerns und Mordens an der palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza durch Teile der Politikschaffenden und Medien in Deutschland
- Freilassung aller Geiseln und unschuldiger Gefängnisinsassen in Gaza und Israel
- Anerkennung des Palästinensischen Staates durch die Bundesrepublik Deutschland
- Der freie und sichere Zugang von Journalistinnen und Journalisten und internationaler Beobachter nach Gaza. Stopp der gezielten Ermordung von Journalisten durch die israelische Armee
- Ein Ende der Diffamierung und Kriminalisierung von friedlichen Protesten gegen den Gaza-Krieg
- Stopp der inflationären Nutzung des Totschlagsarguments Antisemitismus bei jeglicher berechtigten Kritik am Vorgehen der israelischen Politik und Militärs in Gaza und im West-Jordanland
- Eine aktive Unterstützung unabhängiger Ermittlungen durch den Internationalen Strafgerichtshof und anderer internationaler Institutionen. Die vielfache Blockadehaltung der BRD muss sofort eingestellt werden.
- Die Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel
- Eine Maßnahmenoffensive starten, um wieder verloren gegangenes Vertrauen und Glaubwürdigkeit der palästinensischen und muslimischen Bevölkerung in die Deutschen Institutionen und Medienlandschaft zurückzugewinnen